Jedes Mal, wenn ich meine Schwester in Karlsruhe besuche, zieht es mich nach Frankreich. Mindestens ein Tag Frankreich muss sein, Straßburg, nur 70 Km entfernt ist für mich das beliebteste Ziel. Die Stadt hat einen ganz besonderen Flair, die schmalen Gassen der mittelalterlichen Altstadt, durchzogen von Kanälen geben mir ein Gefühl einer Reise in die Vergangenheit. In den verwinkelten Gassen kann man sich schnell verlaufen, aber der hohe Kirchturm des Münsters überragt alle Gebäude und wird von mir gern als Orientierungspunkt genutzt. Und wenn Ihr glaubt, dass die Franzosen nur französisch sprechen wollten, wird Euch Straßburg vom Gegenteil überzeugen. Oft wenn ich versuche, etwas auf französisch zu bestellen oder zu fragen, bekomme ich eine Antwort auf deutsch.

Straßburg Altstadt

Die Stadt blickt auf eine über 1000-jährige Geschichte zurück, schon während der römischen Antike gab es dort einen militärischen Außenposten und später einen Bischofssitz. Argentoratum (Silberburg) hieß Straßburg angeblich damals, der Name stammt aus dieser Zeit, als dort eine römische Festung (Burg) an einer wichtigen Straße stand (Straß+Burg). Eine Sage berichtet, dass die Stadt nach der römischen Zeit Argentina genannt wurde, was auch Silberstadt hieß. Das straßburger Wappen ist silbern mit einem roten Streifen. Die Farbe Silber steht hier für die Silberstadt, das Rot symbolisiert angeblich eine blutige Straße, das für das Reich und die Religion  vergossene Blut.

Im Mittelalter entwickelte sich Straßburg zu einem der wichtigsten kaufmännischen Zentren Europas. Viele der Fachwerkhäuser der Altstadt stammen noch aus dieser Zeit. Zwei Patrizierfamilien kämpften damals um die Vorherrschaft in der Stadt, die Familie Müllenheim und die Familie Zorn. Der Konflikt wurde in Straßenschlachten ausgetragen, er dauerte über mehrere Generationen. An die Fehde erinnern heute noch die beiden Ufer der Ill, des Flusses, der durch Straßburg fließt. die Ufer tragen die Namen Quai Müllenheim und Quai Zorn. Vielleicht stammt die Idee von „Romeo und Julia“ nicht aus Verona sondern aus Straßburg?

Straßburg Altstadt

Ein Spaziergang durch die Altstadt ist wunderschön, hierfür solltet Ihr Euch etwas mehr Zeit nehmen, denn hinter jeder Ecke, in jedem kleinen Gässchen entdeckt man neue Schönheiten der Stadt, kleine Handwerksläden und viele Restaurants, Bars oder Cafés. Eine Einkehr lohnt sich, denn Straßburg lädt nicht nur zum Flanieren, sondern auch zum Schlemmen ein. Die Altstadt von Straßburg wurde 1988 zum Weltkulturerbe aufgenommen.

Eine Schifffahrt auf der Ill zeigt einem eine etwas andere Perspektive, denn neben der Altstadt sieht man auch das Europa-Viertel mit Parlament und Arte-Hauptsitz. Arte ist mein liebster Fernsehsender, daher fand ich auch das sehr sehenswert.

Straßburg Altstadt

Museum für moderne und zeitgenössische Kunst

Ein Besuch in dem Museum lohnt sich, auch für diejenigen, die keine großen Fans zeitgenössischer Kunst sind. Vielen bekannten Klassikern der Moderne begegnet man in der Dauerausstellung, Monet, Rodin, Kandinski, Klee, Pissarro, Braques. Sehr interessant fand ich die Dauerausstellung mit Gemälden von Gustave Doré, von ihm waren mir bisher nur Stiche bekannt. Viele zeitgenössische deutsche Künstler wie Richter, Baselitz, Lüppertz oder Immendorff findet man dort und zu meiner großen Freude sogar Präraffaeliten wie Rosetti und Burne-Jones.

Straßburg, Strassbourg, Gustave Doré

Café, Kaffee, Museum, Moderne Kunst

Das Museumscafé hat sehr guten Kuchen!

Straßburg Altstadt

Aubette

Die Aubette ist ein Einkaufszentrum mit Warenhäusern und Boutiquen, direkt in der Innenstadt, am Place Kléber. In den 1920-ern haben einige bekannte Künstler das Gebäude in ein Kultur- und Vergnügungszentrum ausgebaut, beteiligt daran waren u. a. Hans Arp, seine Ehefrau Sophie Täuber-Arp und Theo van Doesburg. Kurz vor meinem Besuch habe ich Entwürfe der Aubette im einer Ausstellung über Sophie Täuber-Arp in der Bielefelder Kunsthalle gesehen, vorher waren mir die Räumlichkeiten nicht bekannt. Sehr gerne nutze ich daher im Mai die Gelegenheit, mir die Räumlichkeiten anzuschauen, der Eintritt ist kostenlos.

Straßburg Altstadt Aubette

Straßburg AltstadtStraßburg Altstadt Münster

Straßburger Münster

Das Liebfrauenmünster ist die Hauptsehenswürdigkeit von Straßburg, die gotische Kathedrale ist gehört zu den wichtigsten Kathedralen in Europa und zu den größten Standsteinbauten der Welt. Erbaut in den Jahren 1176 bis 1439 war das Münster bis 1874 das höhste Bauwerk der Menschheit, die Kirchturmspitze beträgt 143 Meter (daher habe das Münster nie auf ein Foto gekriegt).

Straßburg Altstadt Münster

Straßburg MünsterStraßburg Altstadt Münster

Straßburg Altstadt Münster

Palais Rohan

Das Palais Rohan, das ehemalige erzbischöfliche Barockpalais beherbergt heut die drei wichtigsten Museen von Straßburg, das archäologische Museum, das Kunstgewerbemuseum und für mich natürlich am interessantesten das Museum für schöne Künste. Das Museum der schönen Künste würde ich jedem empfehlen, der sich für Klassiker der vergangenen Epochen interessiert, es beherbergt eine Sammlung alter Meister. Auch hier findet man lauter Berühmtheiten, von mittelalterlicher Kunst des Hans Memmling über die Familie Cranach, Botticelli, Rubens, Canaletto, El Greco, bis zur Kunst des 19. Jahrhunders von Goya, Watteau oder Corot. Ich liebe Kunst, daher gehören die beiden Kunstmuseen für mich zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten.

Straßburg Altstadt

Straßburg AltstadtStraßburg Altstadt

Auf dem rechten Bild sieht Ihr das Maison Kammerzell (Kammerzellerhaus), das bekannteste Profangebäude und eins der ältersten Fachwerkhäuser der Altstadt. Das Haus zählt zu einem der schönsten Häuser der Spätgotik.

Straßburg Altstadt

Schlemmerei

Oben habe ich es schon erwähnt, Straßburg lädt zum Schlemmen ein, die Stadt bietet eine große Fülle verschiedener Lokale. Flammkuchen gibt es natürlich fast überall, aber Flammkuchen mit Schnecken bekommt ihr nur im Elsass. Froschschenkel kann man auch in vielen Lokalen probieren. In fast jedem Restaurant findet man auch das elsässische Nationalgericht Choukrout, das ist Sauerkraut mit Fleisch- und Wurststückchen, es erinnert mich ein wenig an den polnischen Bigos. Typisch elsässisches Essen und heimische Weine bekommt man in den Winstubs. Der Wein aus dem Elsass schmeckt mir sehr, Riesling wird hier sehr viel angebaut, beim Riesling kann eigentlich wenig falsch machen. Eher typisch ist aber der Gewürztraminer oder der Edelzwicker, in der trockenen Variante mag ich beide. Aus Frankreich nehme ich auch immer Käse mit, er ist sehr aromatisch, häufig aber auch geruchsintensiv. Vor allem der Munster-Käse, eine elsäsische Spezialität, riecht drei Tage im Auto, obwohl ich immer eine Kühltruhe dabei habe. Auf dem Bild gibt’s nur Süßes, denn ich muss bei jedem Frankreichbesuch mindestens ein Mal in die Brasserie Paul – die Riesenmacarons sind köstlich.

Straßburg Altstadt Macaroon, Paul

Und für das Ende noch eine Legende….

Es wird erzählt, dass der Buchdruck in Straßburg erfunden wurde, nicht erst von Johannes Gutenberg in Mainz. Johannes Mentelin, ein bekannter Buchmaler Straßburgs soll 1440 eine Buchpresse gebaut haben, doch sein Diener, Johannes Gensfleisch ist geflohen, nachdem er sich das Druckerwissen angeeignet hat. Er ging nach Mainz, wo er sein Wissen zu Geld gemacht hat. Einige von Euch werden nun schon erkannt haben, dass Johannes Gensfleisch, der Name von Johannes Gutenberg ist, der einige Jahre in Straßburg gelebt hat. Lange wurde die erste Druckerpresse im Straßburger Münster aufbewahrt. Der Baumeister und Chronist Daniel Specklin soll 100 Jahre später beschrieben haben, dass sie aus ganzen Wörter und einzelnen Silben bestand, die auf eine Schnur aufgefädelt wurden. Ob die Idee gekaut wurde, wird vermutlich keiner erfahren, aber Gutenberg hat die Idee zum Buchdruck aus Straßburg mitgebracht, denn aus Protokollen geht hervor, dass er Blei für den Bau einer Presse eingekauft hat.

Ich bin ganz verliebt in die Stadt, nicht umsonst wird Straßburg als eine der schönsten Städte Europas bezeichnet. Ich war schon mehrfach dort und jedes Mal entdecke ich neue reizvolle Seiten. Das Schlendern durch Straßburgs Gassen ist eine kleine Zeitreise.
Mehr über Straßburg:
Hallo Welt

Erstellt am Juli 19, 2015

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6 Antworten zu “Straßburg – französisches Savoir-vivre inmitten des mittelalterlichen Fachwerks”

  1. Rostrose sagt:

    Liebe Maegwin,
    oh ja, in Straßburg hat es mir auch sehr, sehr gut gefallen! Bisher war ich aber leider erst einmal dort – von Wien weg ist es ja nicht so ganz "der kleine Hüpfer"… aber irgendwann kommen wir bestimmt wieder – auch um andere Elsässer Flecken anzusehen. Schön, dass du mich nochmal mitgenommen und mir auch Orte gezeigt hast, die ich noch nicht kannte.
    Herzliche Grüße aus Rostrosenhausen,
    Traude

  2. ela sagt:

    Ich war erst einmal in Straßburg, kam mit dem Zug und fand den Bahnhof schon sehr schön. Die ganze Stadt wirkte für mich ein wenig verwunschen.
    Und ich war froh, dass man soviel Deutsch versteht dort. Ich kann leider nicht mal einen Brocken französisch.
    Schön, dass du mich mal wieder dort mit hingenommen hast 🙂
    Liebe Grüße ela

  3. Hallo Eva, toller Bericht und Bilder. Wir sind da schon öfter vorbei gefahren, waren aber nie in der Stadt. Da müssen wir doch mal hin, schon alleine deswegen weil die gut Deutsch sprechen.

    Ciao, Rainer

  4. Was für ein wunderschönes Posting! Danke für diese kleine Reise. Ich bin ganz begeistert von deinen Bildern und deinen Erzählungen. So schön altmodisch , diese Altstadt, so stellt man sich Städte in Märchenbüchern vor.
    Lieben Gruß,
    Michaela

  5. Thea sagt:

    Meine halbe Familie war schon in Straßburg und kam mit Lobeshymnen zurück. Ich glaube so langsam sollte ich aufhören auf einen Besuch zu warten, der sich eben mal so ergibt und ganz aktiv einen Straßburg Urlaub planen, diese Fachwerkhäuser sind einfach zu schön, und gotisches Fachwerk, das gibt es ja wirklich kaum noch. … und wenn ich die Macarons sehe, lieber früher als später :))
    Liebe Grüße Thea

  6. Sarah Maria sagt:

    Oh. Schön. Mir war gar nicht klar, wie viele großartige Museen Straßburg hat. Die Stadt ist soeben ein ganzen Stück weiter nach oben auf meiner Da-muss-ich-mal-hin-Liste gerutscht! 🙂

    Liebe Grüße zu dir,
    Sarah Maria

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