Eigentlich ist es nicht mein Thema, es verfolgt mich dennoch. Der Anschlag von Berlin hat mich dazu bewogen, es aufzuschreiben. Ich möchte keine Angst vor Reisen haben und ich möchte auch nicht, dass unsere derzeitige Reisefreiheit begrenzt wird.

Die Angst

Viele die heute nach Berlin fahren, fühlen sich unwohl. Als ich meinen Kollegen von meiner geplanten Parisreise berichtet habe, wurde ich gefragt, ob ich keine Angst habe (nein, habe ich nicht). Reisen in Arabische Länder haben um 30-50% abgenommen. Die Menschen haben Angst. Angst ist irrational. Ob sie berechtigt ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Die Gefahr eines Anschlags besteht! Aber sie ist gering. Ich habe auch keine Angst vor dem Autofahren. Da ich Berufspendlerin bin, bin ich täglich unterwegs und auf der B1 begegnen mir so oft Fahrer, die sich und andere völlig Bewusst einer Gefahr aussetzen. Die Chancen, dass mir beim Autofahren etwas passiert, sind um das Vielfache größer, als dass ich einem Terroranschlag zum Opfer falle. Trotzdem habe ich keine Angst vor dem Autofahren. Beim Reisen ist es genau so. 2014 war ich in Israel, als gerade ein Anschlag auf dem Tempelberg in Jerusalem passiert ist und die Medien von der 3. Intifade sprachen. Während meine Eltern und auch einige Freunde und Kollegen vor dem Fernseher saßen und die Situation bestimmt mit etwas Sorge betrachteten, habe ich vor Ort kaum etwas von den Konflikten mitbekommen. Vermutlich mindern die positiven Erfahrungen meine Angst.

 

Die Grenzen

Ein vereintes Europa, die offenen Grenzen, die gemeinsame Währung gehören für mich zu den besten Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Die EU ist ein großartiges Friedensprojekt, Völker, die sich vor einigen Jahrhunderten bekriegt haben, schließen sich nun zusammen, tauschen sich aus, arbeiten zusammen, nicht gegeneinander. Krieg ist abscheulich, dennoch zum Glück völlig abstrakt für mich. Die wirklich greifbaren Vorteile für mich sind die Reisefreiheit und die gemeinsame Währung. Ich mag den Euro! Geld muss nicht getauscht werden und erst recht nicht umgerechnet werden. Die Wartezeiten an den Grenzen entfallen.

Aufgewachsen bin ich in Polen, nach Deutschland bin ich erst als Teenie umgezogen. Die Grenzkontrollen habe ich jedoch noch deutlich in Erinnerung. Wenn alles sehr gut lief, war man in einer halben, einer dreiviertel Stunde durch. Meistens war aber mit einer Wartezeit von zwei Stunden zu rechnen. Es gab auch die Zeiten, wo man richtig Pech haben konnte, besonders häufig an Weihnachten oder Ostern, wenn alle zu ihren Familien reisen. Da konnte es passieren, dass man 6-7 Stunden am Grenzübergang warten musste. Sicher, das war Ostblock, in westlichen Ländern war es vermutlich nicht so schlimm. Dennoch, mal eben nach Frankreich zum Flammkuchen essen (eine Tradition, die ich mit meiner meiner Schwester immer gepflegt habe, als sie noch in Karlsruhe gewohnt hat), wäre dann nicht mehr möglich.

Eine andere Erinnerung aus meiner Kindheit ist eine geplante Reise nach Italien. Meine Eltern lieben Italien, es ist deren Land und inzwischen fahren sie fast jedes Jahr dorthin. Als wir noch in Polen gelebt haben, musste man eine Reise in den Westen beantragen. Unsere Reise wurde mehrfach abgelehnt, Fluchtgefahr. Es ist mir bewusst, dass das mit meinem eigentlichen Thema nichts zu tun hat, doch vielleicht ist es eine der Erklärungen, warum Reisefreiheit für mich so wichtig ist.

Ist es Euch bewusst, dass die Deutschen weltweit die größte Reisefreiheit besitzen? In 177 Länder der Welt darf man mit einem deutschen Reisepass ohne ein Visum einreisen.

Angst habe ich nicht vor einem Anschlag, manchmal aber vor den Folgen davon.

 

Erstellt am Dezember 21, 2016

Ähnliche Posts


9 Antworten zu “Warum Reisefreiheit mir wichtig ist”

  1. Hallo du Liebe,

    du weißt, ich reise auch gern, und diese langen, nach Verhör wirkenden Grenzkontrollen, wie man sie z.B. bei der Einreise in die USA erlebt, sind mir lästig. Auch die „Ostblockkontrollen“ von einst habe ich miterlebt, da wir unweit von Ungarn wohnen und ich z.B. mit meinem „großen Bruder“ dorthin gefahren bin, um mir Budapest anzusehen oder in der DDR-Bibliothek einzukaufen. Bei der Rückreise wurde immer peinlich genau nachgesehen, ob wir niemanden rausschmuggeln. Wenn man diese Art von Unfreiheit am eigenen Leib erlebt hat, wird Reisefreiheit vermutlich zum Inbegriff persönlicher Freiheit. Ich bin mir trotzdem relativ sicher, dass die EU und die Öffnung der Europäischen Grenzen viele Probleme mit sich gebracht hat, die wir vorher nicht hatten… Einmischung durch EU-Politiker, permanente Gefahr, dass irgendwelche Pestizide EU-weit zugelassen werden, bloß weil an den Schaltkreisen der Macht wie üblich auch die Gier regiert … als Friedensprojekt kann ich das alles nicht wirklich betrachten, eher als Von-oben-herab-Lenken – und der Euro als Währung ist in meinen Augen ein krampfhafter Versuch, etwas auf die Beine zu stellen, das den USA und der gemeinsamen Währung gleichkommt… anstatt mal genauer in die USA zu schauen und zu erkennen, wie viele Probleme es dort in Wahrheit gibt… Grundsätzlich fände auch ich es schön, in einer Welt zu leben, in der es weder Grenzen noch Vorbehalte gegen andere Völker, Rassen, Religionen etc. gibt, aber dazu sind wir Menschen ganz offensichtlich nicht gebaut. Und mir kommt vor, je offener die Grenzen, desto größer die Ängste und Vorurteile. Ich sehe es aber genau wie du, dass es nichts bringt, sich vor Angst zu verkriechen, nicht mehr zu reisen etc. Das Leben will gelebt werden, so lange es geht und so gut und intensiv es geht. Und dass mediale Berichterstattung manchmal einfach nur reißerisch ist, haben wir auch schon erlebt – z.B. als wir in einer Zeit, wo es in Florida Waldbrände gab, dort Urlaub machten. Alle hier machten sich Sorgen um uns und dachten, wir wären von Feuer umzingelt – und wir sahen nicht eine einzige Flamme ;-))

    Danke für deine Weihnachtsgrüße – auch ich wünsche dir und allen deinen Lieben frohe Weihnachten und angenehme, entspannte Feiertage!

    Alles Liebe,

    Traude

    ★ *˛ ˚♥♥* ✰。˚ ˚ღ。* ˛˚♥♥ 。✰˚* ˚ ★ ˚ ♥♥ ✰ •* ˚

    • Burgdame sagt:

      Liebe Traude, das klingt so desillusioniert, traurig. Regieren empfinde ich oft als „von oben herab“, ohne Rücksicht auf die Wünsche der Bürger zu nehmen. Ich glaube, die Gier regiert viele Politiker, egal auf welcher Ebene, daher haben die Lobbyisten so starken Einfluss. Viele Probleme sind aber die Probleme der Globalisierung, nicht speziell der EU, glaube ich zumindest.
      Vielen Dank für Deine lieben Wünsche!

  2. Rosi sagt:

    ich glaube die Reisefreiheit richtig genießen kann nur der der vorher seine Einschränkungen kennengelernt hat..
    die Schikanen und Repressalien an den Grenzen
    ich habe gesehen wie die Leute ihr ganzes Auto ausräumen mussten bis auf den kleinsten Fetzen Papier..
    natürlich gibt es im Zusammenleben immer Probleme..die gibt es auch in jeder Familie..
    vieles wäre aber auch so gekommen wenn wir immer noch kleinstaatlich agieren würden (z.B. die von Traude angesprochenen Pestizide ect. ) denn die Lobbyarbeit findet auch in den einzelnen Ländern statt..

    Angst ist jedenfalls nie ein guter Ratgeber.. 😉
    ich wünsche dir weitrhin viel Freude am Reisen

    und ein frohes Weihnachtsfest

    Rosi

  3. Ich habe momentan schon Bedenken, in bestimmte Länder zu reisen. Zu groß ist die Angst vor Anschlägen. So würden Ägypten und Türkei, obwohl es wunderschöne Länder sind, einfach nicht in Frage kommen. Reisefreiheit an sich ist aber schon wichtig.
    Liebe Grüße
    Marion

  4. Maria sagt:

    Stimmt, beim Buchen einer Reise wird man von der Angst begleitet und man sucht sich Orte an denen „noch nichts passiert ist“. Im Endeffekt, sollten wir alle versuchen zu sehen, was man noch sehen kann, denn eigentlich kann überall etwas passieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert