Das Schloss Celle ist nicht nur die Residenz der Herzöge von Braunschweig-Lüneburg, einer Linie der Welfenfamilie, es ist auch die Wiege des britischen Königshauses. Denn das Kurfürstliche Haus Hannover regierte Großbritannien und Irland 123 Jahre lang. Über die Geschichte oder Bauweise des Schlosses möchte ich heute aber nicht berichten, sondern über zwei tragische Liebesgeschichten der Bewohner des Schlosses. Denn in Celle entwickelte sich die Liebesbeziehung zwischen der Kurprinzessin Sophie Dorothea und dem Grafen von Königsmarck. Hierhin wurde aber auch die dänische Königin Caroline Mathilde verbannt, nachdem ihre Affäre mit ihrem Arzt aufgedeckt wurde. Beide Beziehungen endeten für die Damen in Verbannung, für die Herren jedoch tödlich. 


Neulich war ich erkältet. Nicht krank genug, um den ganzen Tag im Bett zu liegen, aber zu krank, um Arbeiten zu gehen oder auch zu Hause zu Schreiben oder zu Lesen. Solche Tage verbringe ich auf dem Sofa und schaue mir Filme an, für die ich sonst keine Zeit habe. Dieses Mal fiel die Wahl auf „Die Königin und der Leibarzt“, ein Historienfilm über die tragische Liebesgeschichte zwischen der dänischen Königin Caroline Mathilde und ihrem Arzt Johann Friedrich Struensee, mit Alicia Vikander und Mads Mikkelsen in den Hauptrollen. Wegen dem traurigen Ende hab ich Rotz und Wasser geheult und beschlossen, nach Kopenhagen und nach Celle zu fahren. Celle ist näher, also begab ich mich auf die Spuren von Caroline Mathilde.

DIE TRAGISCHE LIEBESGESCHICHTE DER DÄNISCHEN KÖNIGIN

UNGLÜCKLICHE EHE

Caroline Mathilde von Hannover (1751 – 1775) war die Tochter von Friedrich Ludwig von Hannover, der gleichzeitig Prince of Wales war, daher wuchs sie in England auf. Ihr Bruder wurde später der König von Großbritannien Georg III. Im Alter von 13. Jahren wurde Caroline Mathilde mit dem dänischen Thronfolger Christian VII. verlobt, mit 16. wurde sie verheiratet.

Christian war über die Heirat vermutlich genau so wenig erfreut wie Caroline Mathilde. Er missachtete seine Ehefrau, obendrein besuchte er lieber seine Geliebten oder die Kopenhagener Bordelle. Angeblich war Christian VII. geistig behindert und psychisch sehr labil. Ein Hofarzt engagiert. Der König vertraute seinem Arzt sofort, später ernannte er ihn sogar zum Minister.

LIEBE, REFORMEN UND DIE FOLGEN

Die unglückliche und sehr gebildete Königin erlag auch der Charme des Arztes. Auch fühlte sie sich von seinen aufklärerischen Ideen hingezogen. Ihre Liebesbeziehung begann. Struensee, der in Paris Kontakt zu den Theorien der Aufklärung hatte, nutzte seinen Einfluss auf den König, um verschiedene Reformen durchzusetzen. Er hat quasi viele Ideen der Französischen Revolution schon 20 Jahre vor der Revolution in Dänemark eingeführt. Dazu gehört Einführung der Presse- und Meinungsfreiheit, Erhebung von Luxussteuern auf Glücksspiel und Pferde, dafür Senkung der Steuern, die die arme Bevölkerung belasteten, Verbesserung der Lage lediger Mütter oder Reduzierung des Heeres um die Hälfte. Auch plante Struensee die Abschaffung der Leibeigenschaft und des Frondienstes – doch dazu kam es nicht mehr. Die Reformen machten ihn am Hofe sehr unbeliebt, der Adel und die Minister wollten sich ihn entledigen. Gelegenheit dazu ergab sich, als die Beziehung zur Königin bekannt wurde. Struensee wurde enthauptet, Caroline Mathilde wurde geschieden und nach Celle verbannt.

CAROLINE MATHILDE IN CELLE

Carolines Bruder Georg III., der König von Großbritannien, regierte in Personalunion das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg. Sein Einfluss konnte ihre Hinrichtung verhindern, sie wurde verbannt. Das Schloss Celle, eine der Residenzen des Fürstenhauses Braunschweig-Wolfenbüttel war Jahre unbewohnt, daher wurde die ehemalige Königin dort untergebracht. In Celle führte sie den Gedanken der Aufklärung fort, sie öffnete den Hof für alle Schichten, ließ den Park ausbauen, empfing bedeutende Persönlichkeiten und las sehr viel. Sie wurde jedoch nicht alt, 3 Jahre nach ihrer Verbannung starb sie im Alter von 24 Jahren, vermutlich an Scharlach.

Von links: Christian VII., Caroline Mathilde, Johann Friedrich Struensee

 

DIE KÖNIGSMARCK-AFFÄRE UND DER UNGEKLÄRTE MORD

Schon 60 Jahre vor der Verbannung der Dänischen Königin nach Celle, war das Schloss einer der Austragungsorte einer tragischen und nicht weniger spannenden „gefährliche Liebschaft“. Die Affäre um die heimliche Liebe der Herzogin Sophie Dorothea und dem Grafen Philipp von Königsmarck endete für den Grafen tödlich. Es war ein Mord, der bis heute ungeklärt ist.

SOPHIE DOROTHEA, HERZOGIN VON BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG

Die Herzogin Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (1666-1726) war die Tochter von Georg-Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg und seiner Mätresse und späterer Ehefrau Eleonore d’Olbreuse. Die nicht standesgemäße Heirat des hochadeligen Herzogs mit seiner aus verarmten französischen Landadel stammenden Eleonore war ein Skandal. Doch die unehelich geborene, später jedoch legitimierte Tochter Sophie Dorothea war aufrund des Reichtums ihres Vaters eine begehrte Partie. Sie ehelichte den Kurprinzen Georg I., der später Kurherzog von Hannover und König von Großbritannien und Irland wurde. Die Ehe wurde gegen den Wunsch von Sophie Dorothea geschlossen, auch sie war unglücklich. Ihr Ehemann hatte eine Mätresse, also flüchtete sie in eine Liebschaft mit dem Grafen von Königsmarck.

Gemälde der Herzogin Sophie Dorothea von Braunschweig-Lüneburg und des Grafen von Königsmarck

AFFÄRE MIT GRAF VON KÖNIGSMARCK

Philipp Christoph Graf von Königsmarck (1665-1694) stammt aus einer märkischen Adelsfamilie und verbrachte seine Jugend als Page am Hof von Celle. Dort war er mit Sophie Dorothea zunächst nur befreundet. Nach seiner Studienzeit in England und seiner Offizierslaufbahn in Dresden kehrte er als Oberst der Leibgarde von Ernst August von Braunschweig-Lüneburg nach Celle zurück. Dort begann die Liaison mit Sophie Dorothea. Sophie wollte ihren Ehemann verlassen, mit ihrem Geliebten fliehen, doch ihre Fluchtpläne wurden aufgedeckt. In der Nacht des 11. Juli 1694 verschwand der Graf spurlos, vermutlich wurde er ermordet. Die Umstände seines Verschwinden oder seiner Ermordung wurden bis heute nicht aufgeklärt. Der Fall Königsmarck wurde zu einer europäischen Staatsaffäre, es wurde vermutet, dass der Graf im Auftrag des Kurfürsten ermordet wurde. Der Leichnam des Grafen wurde nie gefunden. Im Laufe der Jahrhunderte, zuletzt 2016, wurden immer wieder Knochenfunde unter dem Leineschloss in Hannover entdeckt. Oft wurde es vermutet, dass sie dem Grafen von Königsmarck gehören, das wurde jedoch nie bestätigt.

SCHEIDUNG UND VERBANNUNG AUF SCHLOSS AHLDEN

Nach dem Auffliegen der Affäre und dem Verschwinden des Grafen, musste die Ehre des stolzen Kurprinzen wiederhergestellt werden. Schließlich war er der Anwärter für den Kurfürsttitel und den englischen Thron. Sophie Dorothea wurde schuldig geschieden und auf das Schloss Ahlden in der Lüneburger Heide verbannt. Bis zu ihrem Tod lebte sie in Gefangenschaft auf dem Schloss, sie wurde von 40 Männern bewacht, ihr Briefverkehr wurde streng kontrolliert.

Literatur Königsmarck Affäre Sophie Dorothea

Über die Königsmarck-Affäre wurden viele Bücher geschrieben

GRAB VON SOPHIE DOROTHEA UND CAROLINE MATHILDE IN DER FÜRSTENRUFT IN DER STADTKIRCHE ST. MARIEN IN CELLE

Die schmuckreiche Barockkirche St. Marien ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Besonders gerne hätte ich mir jedoch die Fürstengruft der Welfenfamilie angeschaut. Leider ist die Gruft nur mit einer Führung zugänglich, die Führungen finden immer mittwochs und donnerstags um 16.00 Uhr statt. Neben 15 Mitgliedern der Welfenfamilie sind dort auch Caroline Mathilde und Sophie Dorothea begraben.

MEINE BUCHEMPFEHLUNGEN

„DER BESUCH DES LEIBARZTES“ VON PER OLOV ENQUIST

Nachdem ich den Film „Die Königin und ihr Leibarzt“ gesehen habe, wollte ich natürlich mehr Informationen. In meiner Buchsammlung schlummerte „Der Besuch des Leibarztes“ des zeitgenössischen dänischen Schriftstellers Per Olov Enquist. Enquist beschreibt die Affäre sehr sachlich, der Tod Struensees wird direkt zu Beginn geschildert. Der Roman ist informativ wie ein Sachbuch und spannend wie ein Liebesroman. Die Schilderung der zum Teil wirren Gedanken des dänischen Königs ist grandios. Das Buch empfinde ich als absolut empfehlenswert, es vereint alles, was ein gut recherchierter historischer Roman mitbringen muss.

„DIE AFFÄRE KÖNIGSMARCK“ VON SARGON YOUKHANA

Auch über die Königsmarck-Affäre wollte ich mehr wissen und im Museumsshop habe ich das Buch von Sargon Youkhana entdeckt. Die Geschichte ist hier wie ein Kriminalfall aufgearbeitet. Der Sekretär des Herzogs Anton Ulrich, Marquis de Montagnac versucht herauszufinden, was mit dem Grafen von Königsmarck passiert ist und sein Mündel Marie wird schnell in die Affäre reingezogen. Das macht die Geschichte ziemlich spannend. Die ausführliche Darstellung der Personen hat auch einen bildenden Mehrwert. „Die Affäre Königsmarck“ ist eine kurzweilige Geschichte, die sich schnell und gut lesen lässt – jedoch auch nicht mehr. Das Buch hat keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hier hätte ich mir mehr Hintergrundinformationen über die Zeit, die Lebensumstände, die Politik gewünscht.

 

Burgen und Schlösser sind imposant, sie sind schön, majestätisch, auch versetzen Sie mich immer ein wenig in die Vergangenheit. Hinter die Kulissen zu schauen und etwas über das Leben der Bewohner zu erfahren, ist immer etwas besonderes für mich. Die Geschichten machen die alten Mauern erst lebendig. Wegen Caroline Mathilde bin ich nach Celle gefahren, die Geschichte um Sophie Dorothea oder auch ihre Mutter, Eleonore d’Olbreuse haben mich genau so fasziniert.

Erstellt am Januar 17, 2017

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18 Antworten zu “Tragische Liebe und tödliche Verschwörungen – das Schloss Celle”

  1. Steffi sagt:

    Hach solche Gesichten hinter alten Mauern faszinieren mich auch immer wieder und diese beiden sind wirklich tragisch.
    Ich glaube den Besuch des Leibartztes habe ich vor einiger Zeit sogar gesehen, ich bin mir nur nicht mehr sicher, ob ich den ganzen Film gesehen habe 😉
    Die andere Gesichte ist auch sehr interessant, vor allem, weil der Mord nie aufgeklärt wurde.
    Ich glaube ich muss mir auch mal wieder alte Gemäuer ansehen und die Geschichte dahinter herausfinden 🙂
    Liebe Grüße

  2. Das ist echt ein schönes Schloss. Und so viel Input dazu, das lese ich heute Abend alles mal ganz in Ruhe.

    LG

  3. Kerstin sagt:

    Sehr toller Artikel!
    Und gegen diese ganzen Affären bei Hofe sind die heutigen Soap-Operas wirklich nur kalter Kaffee. Damals gab es wenigstens richtige Skandale.
    Du weisst ja, wie sehr ich alte Gemäuer und die Geschichte, die in ihnen steckt mag und ich hoffe, noch mehr Adelsintrigen und gefährliche Liebschaften bei Dir zu lesen.

    Herzliche Grüße von
    Kerstin

  4. shadownlight sagt:

    Hey, meine Patentante wohl bei Celle und deshalb kenne ich die Stadt. Das Schloss ist wirklich sehr sehr schön!
    Liebe Grüße!

  5. Thea sagt:

    Zwei wohl eher politische Morde und Verbannungen, aber schön, daß Caroline zu Ehren ihres Partners weiter nach sozialen Verbesserungen für alle, strebte.

    Wir hatten zu Hause viele Jahre lang keinen Fernseher, bis wir plötzlich einen in die Wohnung gestellt bekamen ^^ seitdem haben wir einige schöne Programme gefunden, meistens auf arte oder 3sat. Eines unserer liebsten ist aber Restoration Man auf kabeldoku, weil dort immer soviel über die historischen Kirchen, Wassertürme, Eishäuser, Bunker, Gate Houses usw. erzählt wird, derer sich mutige Menschen annehmen um aus den Ruinen Wohnhäuser entstehen zu lassen 🙂 Liebe Grüße Thea

  6. TiaMel sagt:

    Toll geschrieben und so interessant, ich finde solche Geschichten aber immer sehr sehr traurig… da gewinnt die Liebe leider nicht 🙁

    Lieber Gruß ♥

  7. Sophie Dorotheas Hofdame Eleanor von Knesebeck hatte mehr Glück. Sie wurde zwar in der Burg Scharzfels im Harz inhaftiert, ist aber eines nachts entwischt. 🙂

    http://lostfort.blogspot.de/2015/05/contested-imperial-fief-and-lucky.html

    http://lostfort.blogspot.de/2009/08/another-cool-castle.html

  8. Maria sagt:

    Ich bin begeistert! Wenn ich an solche Burgen und Schlösser denke oder an einem spazieren gehe, dann stelle ich mir auch immer wieder vor, was passiert im Inneren oder was haben die Mauern alles gesehen.

    Warst du schon einmal in Zweibrücken und Umgebung? Die haben sehr schöne Ruinen und Schlösser. An einer Ruine war ich mal dort. Es war fabelhaft!

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