Wie jedes Jahr, habe ich auch 2013 wieder gehofft, dass Harkuki Murakami oder Umberto Eco den Nobelpreis bekommen. Aber wie jedes Jahr, gehen die hoch gehandelten Kandidaten leer aus und der Preis geht an jemanden, den ich nur wenig oder gar nicht kenne.

So auch dieses Jahr… Alice Munro bekam ihn… eine Schriftstellerin, die ich zumindest vom Namen her kannte und auch schon als „lesenswert“ registriert habe. 
Und so war der Nobelpreis auch für mich ein Anstoß, zu einem Buch von Alice Munro zu greifen. 
Alice Munro, geb. 1931, ist Kanadierin, die sich auf Kurzgeschichten spezialisiert hat. Munro hat bereits im Teenageralter mit dem Schreiben angefangen und veröffentlichte bisher mehr als 150 Kurzgeschichten und einen kurzen Roman.

„Der Bär kletterte über den Berg“ ist ein dünnes Bändchen mit nur drei Kurzgeschichten. Beim Untertitel „Drei Dreiecksgeschichten“ kann man schon erahnen, dass es sich bei den drei Geschichten um Liebesgeschichten in eher untypischen Konstellationen handelt. 
In der einen Gesichte lernt die Protagonistin (verheiratet mit zwei Kindern) auf einer Beerdigung einen Mann kennen. Nach einem gemeinsamen „Liebes-Tag“ sehen sie sich nie wieder, doch die Erinnerung an den Tag begleitet sie ein ganzes Leben. In der zweiten Geschichte pendelt ein Mann zwischen seiner häuslichen Ehefrau und einer Liebhaberin, die im Wohnwagen nebenan wohnt. Die Geschichte wird aus der Perspektive der Tochter der Geliebten erzählt. Die dritte Geschichte hat mich am meisten berührt. Nach über 30 Ehejahren muss ein Mann seine Frau ins Heim bringen, weil sie an Demenz erkrankt. Die Frau vergisst dort ihren Ehemann und verliebt sich in einen anderen Hausbewohner. 
Der Inhalt der Geschichten ist alltäglich, fast profan und doch habe ich jede einzelne Geschichte genossen, denn sie sind alles andere als profan. Was hat mir aber so gut gefallen???
Erstens: die Sprache

„Es hatte Tauwetter gegeben. Es lag noch viel Schnee, aber die blendend harte Winterlandschaft war zerbröckelt. Unter dem grauen Himmel sahen die pockennarbigen Kissen auf den Feldern wie Müllhaufen aus.“

Selten habe ich eine so bildgewaltige Sprache in Büchern erlebt. Die Sätze sind geschmückt, die Vergleiche ungewöhnlich bis absurd. Die Sprache und die Beschreibungen spiegeln die Stimmung in den Geschichten wieder, sie unterstreichen die Stimmung. und hier kommt gleich die Überleitung….

Zweitens: das Gefühlsspektrum

Es ist mir nicht bewusst, dass ich schon mal Kurzgeschichten gelesen habe, in denen ich mich mit so vielen verschiedenen Gefühlen konfrontiert sah. Ein ganzes Gefühlsspektrum strömte beim Lesen auf mich ein, von Verzückung, Wiedererkennen, Begeisterung, Freude, Lust bis Stirnrunzeln, Wut, Schuld, Abscheu. Das hat mich total fasziniert, was eine Geschichte in mir auslösen kann.

Drittens: die Zeitsprünge

Die Geschichten sind nicht gradlinig, Alice Munro springt in der Zeit hin und her. Die Geschichte beginnt meist mittendrin und springt dann willkürlich in der Vergangenheit hin und her. An dieser Stelle möchte ich sagen, dass es für mich willkürlich erschien. Ich musste die Geschichten konzentriert lesen, war aber total gefesselt von den Zeitsprüngen, sie waren wie voyeuristische Einblicke in die Vergangenheit der Protagonisten.

Viertens: das „zwischen den Zeilen“

In den Kurzgeschichten stecken Romane, zwischen den Zeilen wird so viel mehr erzählt.

Fazit: Es werden weitere Bücher von Alice Munro bei mir einziehen. Garantiert! 

Erstellt am Dezember 29, 2013

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3 Antworten zu “„Der Bär kletterte über den Berg“ von Alice Munro”

  1. Ich bin kein Fan von Kurzgeschichten, aber du hast mich, wie so oft, neugierig gemacht. Setze ich auf meine Liste. Liebe Grüße, Andrea

  2. Das klingt gut; besonders die Sprache, die ist außergewöhnlich und, wie Du schon geschrieben hast, sehr wortgewaltig. Werde mir die Bücher von ihr auch ansehen.
    LG

  3. ela sagt:

    Klingt sehr schön, Merk ich mir!

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