Sucht man in Nancy nach einzigartigen Sehenswürdigkeiten abseits der bekannten Wege, ist der Friedhof Préville eine klare Empfehlung. Er gilt als einer der sehenswertesten Friedhöfe in Nancy und ist ein Muss für jeden, der sich für die Geschichte und den Jugendstil der Stadt interessiert. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Ich liebe französische Friedhöfe. Die Zahl der imposanten Mausoleen beeindruckt mich in Frankreich immer wieder, und selbst die „gewöhnlichen“ Gräber sind oft schöner und prachtvoller gestaltet. Am meisten mag ich jedoch den etwas morbiden Verfall. Denn die französischen Friedhöfe sind nicht so aufgeräumt, sondern wirken oft etwas verwunschen. Manchmal fehlen mir die Bäume, da die französischen Friedhöfe gelegentlich etwas schattenarm sind. Dennoch liebe ich die monumentalen Mausoleen und die prachtvollen Grüfte. Der Friedhof Préville in Nancy, der älteste und imposanteste der Stadt, ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

Sehenswerter Friedhof in Nancy
Auf dem alten Friedhof von Nancy findet man zahlreiche Mausoleen, einige davon sind sehr verfallen.

Jugendstil auf dem Friedhof de Preville

Nancy gilt als die Geburtsstadt des Art Nouveau. Hier kann man nicht nur wunderschöne Jugendstilarchitektur und filigranes Interieur bewundern, sondern die Stilrichtung der Jahrhundertwende hat auch im Bestattungswesen Einzug gefunden. So überwiegen auch auf den Gräbern und in den Grüften florale, geschwungene Linien und Motive aus der Natur, was die Gräber einzigartig und wunderschön macht. Auf dem Friedhof Préville haben zudem namhafte Künstler des Jugendstils ihre letzte Ruhestätte gefunden – hier eine kleine Auswahl.

Grab des Glaskünstlers Émile Gallé

Die Stilrichtung des Art Nouveau ist in Nancy quasi entstanden. Dank der École de Nancy wurde der Stil hier weiterentwickelt und verbreitet. Émile Gallé ist vermutlich der bekannteste Glaskünstler dieser Epoche. Ich kenne und liebe seine Werke schon lange. Regelmäßig tauchen seine Glasvasen in Antiquitätensendungen wie „Kunst und Krempel“ auf – wenn sie echt sind, liegen die Preise heute manchmal im fünfstelligen Bereich. Im Musée de l’École de Nancy kann man nicht nur seine Glaskunst, sondern auch von ihm entworfene Möbelstücke bewundern. Für mich war es daher etwas ganz Besonderes, seine letzte Ruhestätte zu besuchen.

Das Grab des Designers Louis Majorelle

Louis Majorelle gehört zu den Aushängeschildern des Jugendstils in Nancy. Seine Möbel sind einzigartige Kunstwerke, und er war Gründungsmitglied der École de Nancy. In der Stadt kann man auch sein filigranes Wohnhaus besichtigen – das ist meine Empfehlung. Sein Sohn, der Maler Jacques Majorelle, ist ebenfalls hier bestattet.

Grabmal der Familie Corbin 

Eugène Jean Baptiste Corbin war ein französischer Unternehmer, der ein kleines Familiengeschäft in eine florierende Kaufhauskette umwandelte und dadurch sehr wohlhabend wurde. Er zählte zu den wichtigsten Sammlern und Förderern der École de Nancy. Sein erstes Kaufhaus in Nancy war ein Aushängeschild des Jugendstils, da er nicht nur ein einfaches Kaufhaus, sondern einen „Tempel des guten Geschmacks“ schaffen wollte. Sein ehemaliges Wohnhaus in Nancy beherbergt heute das Musée de l’École de Nancy, in dem auch ein Großteil seiner Sammlung zu bewundern ist.

Grabmal der Familie Wiener 

René Wiener war ebenfalls ein Künstler und Förderer des Jugendstils. Er besaß eine Buch- und Papierhandlung in Nancy, deren Schaufenster und Verkaufsräume oft als Ausstellungsfläche für Kunstwerke dienten. Er war jedoch nicht nur Händler, sondern auch ein talentierter Zeichner, dessen Ex Libris bis heute berühmt und begehrt sind. Auch bei Bucheinbänden arbeitete er eng mit den Künstlern der École de Nancy zusammen, wodurch die schönsten Bücher der Epoche entstanden.

Grab der Familie Marchand

Jules Marchand war der wichtigste Graveur der Glasmanufaktur Daum in Nancy. Das Unternehmen hatte sich auf Jugendstil-Glas spezialisiert, und heute erzielen diese Glaskunstwerke enorme Preise.

Friedhof mit verfallenen Mausoleen: Einblicke in die Vergänglichkeit

Ich liebe französische Friedhöfe so sehr, weil die Vergänglichkeit dort auf so besondere Weise greifbar wird. Seitdem ich so gerne Friedhöfe besuche, bin ich überzeugt, dass die Franzosen nicht nur viel Geld für Speisen und Getränke ausgeben, sondern auch für ihre letzten Ruhestätten. Selbst auf kleinen und unscheinbaren Friedhöfen findet man eine Vielzahl prachtvoller Mausoleen und Grüfte aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Die einstige Pracht verfällt heute; in Frankreich sind die Sicherheitsvorgaben vielleicht nicht ganz so streng. Einige der verfallenen Mausoleen kann man sogar betreten und im Inneren bewundern. Oft kann man auch durch zerbrochene Scheiben einen Blick hineinwerfen. Da die Angehörigen der Verstorbenen vermutlich inzwischen auch nicht mehr am Leben sind, kümmert sich niemand mehr um die alten Gräber und Mausoleen. Von außen sieht man die Zerstörung meist nur wenig, doch die Glasfenster sind zerbrochen und die Gitter verrostet. Manchmal sucht sich auch die eine oder andere Pflanze ihren Weg ins Innere und vereinnahmt die Bauwerke immer mehr. Einige der Mausoleen erinnern so an Lost Places.

Der jüdische Friedhof von Nancy

Direkt neben dem Cimetière de Préville liegt der jüdische Friedhof, der durch eine Mauer vom christlichen Teil abgetrennt ist. Wie die meisten jüdischen Friedhöfe hat auch dieser eine ganz eigene Atmosphäre, da die Grabsteine für die Ewigkeit angelegt sind und dementsprechend oft sehr alt wirken.

Einige der Grabmonumente sind bereits umgestürzt, viele stehen schief und werden immer mehr von Pflanzen überwuchert. Ich mag es sehr, durch die jüdischen Friedhöfe zu schlendern und nach der Grabsymbolik zu suchen, die dem Christentum ähnlich und doch sehr unterschiedlich ist. Auch die Inschriften sind oft zweisprachig: Auf der einen Seite des Grabsteins in der Landessprache, auf der anderen in Hebräisch. Dies kann ein Hinweis auf das Alter der Gräber sein, denn erst ab dem 19. Jahrhundert wurden sie zweisprachig beschriftet – ein Einfluss des Christentums. Ältere Gräber tragen ausschließlich eine hebräische Inschrift.

Die verwunschene Atmosphäre französischer Friedhöfe

Die Friedhöfe in Frankreich sind einmalig, da selbst kleine und unscheinbare Ruhestätten voller prachtvoller Mausoleen sind. Ich liebe es, durch sie zu flanieren und die kunstvollen Gräber zu bewundern. Am meisten fasziniert mich der morbide Verfall vieler Mausoleen, der die Vergänglichkeit dort so greifbar macht. Während solche Orte in Deutschland weiträumig abgesperrt wären, sind sie in Frankreich oft noch begehbar.

Wegen seiner beeindruckenden Architektur, den kunstvollen Grabmälern und der besonderen Stimmung gehört dieser Friedhof für mich definitiv zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Nancy. Er ist weit mehr als nur ein Friedhof – er ist ein historisches Zeugnis und ein Ort der Kunst.

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Erstellt am August 15, 2025

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