Alte Friedhöfe zählt für mich zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten, die eine Stadt zu bieten hat. Während meines Wochenendtrips nach Berlin gehörte ein Friedhofsbesuch unbedingt zu meinem Sightseeing, denn auch im Herbst bei eiskalten Temperaturen kann ein Friedhof schön sein. Ich mag alte Gräber, ich mag Grabskulpturen, imposante Mausoleen, aber auch verfallene Gräber.
Im heutigen Post werde ich Euch drei Berliner Friedhöfe zeigen, die für mich zu den sehenswertesten der Stadt gehören. Der Dorotheenstädtische Friedhof ist ein „Promifriedhof“, dort ruhen sehr viele Berühmtheiten der letzten Jahrhunderte. Der Alte Sankt Matthäus Kirchhof ist dagegen eher ein Geheimtipp. Es ist ein sehr kleiner Friedhof, jedoch kann man dort viele interessante und auch extravagante Gräber bewundern. Mein Favorit ist jedoch der Jüdische Friedhof Weißensee, denn das ist ein weltentrückter und magischer Ort. Die alten Gräber sind verfallen und mit Pflanzen bewachsen. Den ersten Friedhof habe ich vor zwei Wochen besucht, den zweiten während meines Berlinbesuches im Frühjahr. Den jüdischen Friedhof dagegen an einem nassen und nebligen Herbsttag.
Wie schon erwähnt, auf diesem Friedhof sammelt sich die Prominenz. Obwohl man hier sehr viele sehr berühmte Gräber finden kann, ist der Friedhof nicht überlaufen. Einigen Angehörigen, vereinzelten Touristen kann man hier begegnen, dennoch ist es eine Oase der Ruhe. Ich genieße immer die Ruhe inmitten der Großstädte. Gerne spaziere ich durch die Gänge, bewundere die kunstvollen Grabsteine, lese die Namen. Ein Friedhofsbesuch ist für mich sowohl Entschleunigung als auch eine Zeitreise.
1762 wurde der Dorotheenstädtische Friedhof angelegt, direkt daneben wurde 20 Jahre später der französische Hugenottenfriedhof errichtet. Sehr schnell wurden bedeutende Persönlichkeiten hier begraben, schon Ende des 18. Jahrhunderts war es der begehrteste Friedhof von Berlin. Aufgrund der Nähe der Charité, der Universität und der Kunstakademie wurden hier die Akademie-Mitglieder, Wissenschaftler und Beamte beerdigt. Ein Spaziergang durch den Friedhof ist wie ein Spaziergang durch die letzten zwei Jahrhunderte der Friedhofskultur. Neben alten und monumentalen Gräbern findet man viele relativ moderne Anlagen. Heute ruhen hier sehr viele prominente Tote der letzten Jahrhunderte, zu den berühmtesten gehören Philosophen wie Hegel und Fichte, Bildhauer wie Rauch und Schadow oder Schriftsteller: Bertolt Brecht, Heinrich Mann, Arnold Zweig oder Heiner Müller. Aber auch zeitgenössische Berühmte sind hier begraben, zum Beispiel der ehemalige Bundespräsident Johannes Rau oder der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf.
Dorotheenstädtischer Friedhof, Chausseestraße 126, 10115 Berlin
Öffnungszeiten: täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr
Im Gegensatz zum Dorotheenstädtischen Friedhof ist der alte Sankt Matthäus Kirchhof ein Geheimtipp. Er taucht selten in den Reiseführern auf, ist aber nicht weniger sehenswert. Von der kulturhistorischen Perspektive fand ich den Friedhof sogar deutlich interessanter. Erbaut 1856, ist der Kirchhof deutlich jünger, nichtsdestotrotz hat der Friedhof viele bedeutende, unter Denkmalschutz stehende Grabstätten. Der Friedhof wurde im „Geheimratsviertel“ gegründet, einem wohlhabenden Stadtteil. Die meisten der Gräber gehören der vermögenden bürgerlichen Oberschicht, entsprechend repräsentativ sind sie.
Während der NS-Zeit wurde der Abriss des Friedhofs begonnen, da er bei den Planungen der „Welthauptstadt Germania“ im Weg stand. Ca. 1/3 der Gräber wurde umgebettet, zu den Umbaumaßnahmen von Berlin ist es jedoch nie gekommen.
Verwundert war ich, dass die Gebrüder Grimm in Berlin beerdigt sind, wo ich doch geglaubt habe, dass sie in Kassel und Göttingen ihren Lebensabend verbracht haben. Aber nein, kurz vor ihrem Tod im Alter von 73 und 78 sind sie nach Berlin gezogen. König Friedrich Wilhelm IV. hat sie zu Mitgliedern der Akademie der Wissenschaften gemacht. Sie lebten im „Geheimratsviertel“ und wurden als eine der ersten Toten auf dem St. Matthäus Friedhof begraben.
Eine weiterer Promi ist der „König von Deutschland“ Rio Reiser. Sein Grab ist eins der vielen Homosexuellen-Gräber. Irgendwo habe ich den Begriff „Deutschlands schwulster Friedhof“ aufgeschnappt. Das ist die andere sehenswerte Seite des Friedhofs, denn die Gräber von Schulen und Lesben sind oft gestalterische Besonderheiten, manchmal mit einem Hang zum Kitsch.
Alter St. Matthäus Kirchhof, Großgörschenstraße 12-14, 10829 Berlin
Öffnungszeiten: täglich 8.00 – 18.00 Uhr
Jüdische Friedhöfe haben immer eine ganz besondere Atmosphäre. Meist sind die Gräber deutlich älter, denn sie werden auf Dauer angelegt und nicht zerstört nach einigen Jahrzehnten. Die alten Gräber stehen gedrängter und enger und sind zum Teil schon ziemlich zerfallen und mit wilden Pflanzen bewachsen. Die Toten haben meist keine angehörigen mehr, die sich um die Gräber kümmern. Das wird von Vereinen übernommen. Doch gerade die von Pflanzen umrankten und verfallenen Gräber haben eine düstere und magische Atmosphäre. Daher gehören jüdischen Friedhöfe für mich zu den schönsten und sehenswertesten Friedhöfen.
Der Jüdische Friedhof Weißensee ist sehr groß, es ist der größte noch erhaltene jüdische Friedhof in Europa. Etwa 116.000 Gräber kann man dort entdecken, die so unglaublich vielfältig sind. Angelegt wurde der Friedhof 1880 für die jüdische Gemeinde Berlin. Am meisten beeindruckt haben mich die Monumentalgräber im Stil des Art Déco und Jugendstil erbaut. Auf dem Friedhof Weißenfels kann man Grabmonumente nach Entwürfen einiger sehr bekannter Architekten entdecken, darunter Mies van der Rohe oder Walter Gropius.
Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Friedhof weiterhin genutzt, auch während des II. Weltkrieges. Wie durch ein Wunder wurde er von den Nazis nicht zerstört, lediglich einige Bombenangriffe haben Schäden angerichtet. Gerade während der ersten Jahre des II. Weltkrieges fanden sehr viele Begräbnisse auf dem Friedhof Weißensee statt, denn viele Juden begingen Suizid, um einer Deportation zuvor zu kommen. Während des Krieges wurde der Friedhof als Versteck genutzt, sowohl für Menschen als auch für wertvolle Thorarollen.
Jüdischer Friedhof Weißensee, Herbert-Baum-Straße 45, 13088 Berlin
Öffnungszeiten: Sonntag bis Donnerstag 7.30 – 16.00 Uhr, Freitag 7.30 – 14.30 Uhr, Samstag geschlossen
Viele reagieren mit Unverständnis, wenn ich erzähle, dass ich auf Reisen gerne Friedhöfe besuche, doch für mich gehören sie zu den interessantesten Sehenswürdigkeiten einer Stadt. Alte Gräber sind schön, oft sind sie kleine Kunstwerke. Sie erzählen viel über die Epoche, in der sie entstanden sind. Friedhöfe sind für mich aber auch Orte der Ruhe, der Entspannung, sie sind mit Parks vergleichbar, laden zum Verweilen ein. Zuletzt ist ein Friedhofsbesuch ein Blick in die Vergangenheit, oft lese ich die Inschriften, überlege, wer die Menschen waren. Es ist aber auch ein Blick in die Zukunft, auf die eigene Sterblichkeit. Im Grunde sind Friedhöfe nur schöne und geschichtsträchtige Orte. Gerade in Großstädten findet man immer interessante alte Friedhöfe. Man muss sich nur etwas Zeit nehmen und die besondere Stimmung genießen.
Ich bin eine begeisterte Friedhofsbesucherin und während meiner Reisen immer auf der Suche nach interessanten und monumentalen Friedhöfen. Daher kommen hier einige Empfehlungen für besonders imposante und sehenswerte Friedhöfe.
Wenn Ihr Euch für jüdische Friedhöfe interessiert, schaut Euch meine Artikeln über den Jüdischen Friedhof in Hamburg-Altona und der Jüdischen Friedhof „Heiliger Sand“ in Worms an.
Paris ist ein Fest für Friedhofsliebhaber. Neben dem Monumentalfriedhof Père Lachaise möchte ich Euch den Friedhof von Montmartre und die Pariser Katakomben empfehlen, die ein einmaliges Ossuarium sind.
Während sich normalerweise nicht allzu viele Touristen auf Friedhöfe verirren, sind die Friedhöfe in New Orleans in den Südstaaten absolut überfüllt. In New Orleans gehören Friedhöfe zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt.
London hat gleich sieben Monumentalfriedhöfe, die man gesehen haben sollte. Ich kenne bisher nur drei. Mein Highlight ist der Highgate Friedhof, aber auch Brompton Cemetery und Bunhill Fields sind unglaublich sehenswert.
Sehr gefällt mich auch die morbide Ader der Österreicher, die Friedhöfe von Wien sind unglaublich.
Die osteuropäischen Friedhöfe sind alle ein wenig mehr verfallen und erinnern an imposante Lost Places. Hier kann ich Euch den Friedhof in Riga oder in Sofia empfehlen.
Oh Eva, beim nächsten Aufenthalt in Berlin empfehle ich Dir einen Besuch auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf http://www.suedwestkirchhof.de/ Er hat eine ungewöhnliche Geschichte, ist wunderbar grün, hat eindrucksvolle Grabdenkmäler – ist also auf jeden Fall einen ausgedehnten Friedhofsspaziergang wert. Ach und Promis gibt es hier auch: Effi Briest (in Wahrheit Elisabeth von Ardenne), Theodor Fontane, Walter Gropius, Engelbert Humperdinck, Heinrich Zille… und viele mehr
Ist notiert, für solche Tipps bin ich immer superdankbar!
Theodor Fontane (1819-1898) liegt in einem Ehrengrab auf dem Friedhof II der Französisch-Reformierten Gemeinde in der Liesenstraße. Das weiss ich. Mein Vater liegt da auch.
Diesen Friedhof kenne ich noch gar nicht, wird für den nächsten Besuch vorgemerkt.
Ich besuche auch sehr gerne alte Friedhöfe, besonders solche mit altem Baumbestand, es sind einfach besondere Orte und sie bieten so viel Ruhe.
Ja, genau deswegen!
Doch doch, Friedhöfe können durchaus was Hübsches haben, aber klar. Ich finde sie zudem überhaupt nicht gruselig, etwas friedlicheres gibts ja gar nicht. Unsere Dorf-Friedhöfe sind zwar eher schlicht gestaltet, aber alte hübsche Grabstätten, die mit Liebe gefpflegt werden sind schon imposant. Die Gebrüder Grimm, Wahnsinn.
Liebe Grüße
Diese Friedhöfe haben besonders schöne Grabsteine. Bei schönem Wetter werde ich einige in den nächsten Feiertagen besuchen. Größe Städte haben ja auch den Vorteil, dass viele berühmte Persönlichkeiten dort beerdigt sind.
Die alten Grabsteine sind immer etwas Besonderes, im Gegensatz zu vielen heutigen, die meine Begeisterung sehr selten wecken können.
Hallo liebe Eva….
Ja, (alte) Friedhöfe sind auch meine Passion…..auch Crypten wie z.B. im Berliner Dom.
Hatte gerade angefangen die 2 Bùcher ùber Christian Rauch und Ernst Rietschel zu lesen.Meine Freundin Dorothee hatte sie mir geschenkt als Jahresgabe des Deutschen Verein fùr Kunstwissenschaften 2021.Da Christian Rauch auf dem Dorotheenfriedhof liegt hat sie mir /auch fùr die Abbildungen- ùber Deine Passion informiert.. hat mich SEHR gefreut es zu lesen und die schònen Abbildungen zu bewunderen….War bei der Dorothee in Berlin vor wenigen Jahren aber leider nicht mehr in der Lage wegen sehr hohen Alter zu reisen.Deshalb sind auch diese Beitràge nur noch die Mòglichkeit vieler Kunstwerke zu geniessen.Dafùr nochmals vielen Dank.Als sehr alte Auslànder erbitte ich um Entschuldigung fùr meine grammatikalen und anderen Fehler,,,,, Liebe Grùsse aus dem Kònigreich der Niederlanden, Deine Em. Johannes.
Lieber Johannes, danke für die Rückmeldung. Alte Friedhöfe sind wunderbare Orte, es ist Kunst, Geschichte, Besinnung, Natur und Kultur. Es gibt dort so vieles zu entdecken. Herzliche Grüße aus Paderborn
Hallo Eva,
als Berliner Pflanze, die selbst oft gerne Friedhöfe besucht, kann Dir von ganzem Herzen nur den Friedhof am Olympiastadion empfehlen, wo auch sehr viele Prominente ihre letzte Ruhe gefunden haben.
Ein ganz anderer und wirklich besonderer Besuch ist der, des Friedhofs Grunewald-Forst, aufgrund seiner Entstehung auch bekannt als Selbstmörderfriedhof.
Danke Dir! Habe ich sofort auf meine Wunschliste gesetzt, der nächste Berlin-Besuch kommt bestimmt. Herzliche Grüße!
Liebe Eva, ich liebe Friedhöfe auch sehr. Besuch doch auch mal den kleinen Friedhof auf der Halbinsel Stralau in Friedrichshain. Der Kirchturm hat eine stärkere Neigung als der schiefe Turm von Pisa. Viele Grüße aus Berlin.
Danke, noch nie davon gehört.