*Pressereise*
Kaum zu glauben, aber Hannover erstrahlte einst im Glanz der britischen Monarchie. Fünf englische Könige stammten aus dem Fürstentum Hannover und waren gleichzeitig Herrscher beider Reiche.An diese glamouröse Epoche erinnern bis heute viele Orte in Hannover, doch keiner ist so prachtvoll wie die Herrenhäuser Gärten. Die Barockgärten sind eine grüne Oase unweit der Innenstadt. Stundenlang kann man hier die Schönheit der Anlage bewundern. Denn die Herrenhäuser Gärten sind nicht einfach nur ein Barockgarten, sondern eine weitläufige Parkanlage mit mehreren, sehr unterschiedlichen Gärten. Begleitet mich auf einen Spaziergang durch die vielleicht schönste Parkanlage Niedersachsens!

Kurfürstin Sophie von der Pfalz (1630–1714) war die bedeutendste Initiatorin des Ausbaus der Herrenhäuser Gärten. Sophie heiratete Ernst August von Braunschweig-Calenberg, den späteren Kurfürsten . Dieser verbrachte seine Zeit jedoch lieber mit seiner Mätresse, Elisabeth von Platen. Während Ernst August mit seiner Geliebten im Leineschloss residierte, wohnte Sophie im nahegelegenen Schloss Herrenhausen. Dort widmete sie sich der Pflege und Gestaltung des Schlosses und der dazugehörigen Gärten. Obwohl bereits ihr Schwager, Johann Friedrich von Braunschweig-Calenberg, den Grundstein für die Herrenhäuser Gärten legen ließ, trieb Sophie vor allem den Ausbau des Großen Gartens maßgeblich voran.
Eine wichtige Stütze war ihr dabei der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz, der als Bibliothekar in Herrenhausen tätig war. Die sehr gebildete Kurfürstin genoss ganz bestimmt den intellektuellen Austausch mit dem Philosophen und Mathematiker. Beide Persönlichkeiten waren entscheidend an der Errichtung der Herrenhäuser Gärten beteiligt. Sophie soll einst geäußert haben, der Garten sei ihr Leben.



Kurfürstin Sophie von Hannover wäre fast englische Königin geworden, doch leider verstarb sie sechs Wochen vor der Thronbesteigung. Sie starb angeblich in den Herrenhäuser Gärten, als sie im Platzregen stolperte. Daher wurde ihr Sohn, Georg I., britischer König. Doch wie kam es dazu, dass die Hannoveraner plötzlich die britische Krone trugen? Die Ursache liegt in der britischen Erbfolgeregelung. Dieser Erlass schrieb fest, dass die britischen Monarchen zwingend protestantisch sein mussten, um eine katholische Thronfolge zu verhindern. Als Königin Anne, die letzte Stuart-Königin, kinderlos starb, mussten die Erben über eine Nebenlinie gesucht werden.
Der Thron ging überraschend an das Haus Hannover, weil Sophies Mutter, Elisabeth Stuart, die älteste Tochter des englischen Königs Jakob I. war. Da alle katholischen Anwärter übergangen wurden, war Sophie die nächste lebende protestantische Erbin. Ihre Erben wurden die britische Könige.
Georg I. war der erste britische König aus dem Hause Hannover. In Großbritannien war er ein eher unbeliebter König. Daher zog er sich gerne immer wieder nach Hannover zurück. Hannover blieb zeitlebens sein Heimatland. Er verstarb während einer Deutschlandreise, allerdings nicht in Hannover, sondern in Osnabrück.
Auch Georg II. liebte seine ehemalige Heimat und besuchte Hannover zwölf Mal. Georg II. wurde als kleines Kind nach Hannover „abgeschoben“ und wuchs im Schloss Herrenhausen ohne seine Eltern auf. Während seiner Regierungszeit hatten die Briten oft das Gefühl, dass ihre Interessen denen der Hannoveraner unterliegen.
Es folgte Georg III., den ihr vielleicht aus der Serie Bridgerton kennt. Er war der verwirrte Ehemann von Queen Charlotte. Er war der erste hannoversche König, der in Großbritannien geboren und aufgewachsen ist. Georg III. konzentrierte sich darauf, britisch zu sein, und besuchte Hannover nie.
Georg IV. war vor allem als skandalöser Lebemann bekannt. Obwohl er von seinen deutschen Untertanen enthusiastisch gefeiert wurde, besuchte er Hannover nur ein Mal. Er betrachtete Hannover eher als Geldquelle denn als Erbe und Heimat. Und das, obwohl er während des Wiener Kongresses zum König von Hannover ernannt worden war.
Georg IV. starb ohne legitime Nachkommen, daher folgte sein jüngerer Bruder Wilhelm IV. auf den britischen Thron. Auch dieser hatte keine Beziehung zu Hannover und besuchte sein zweites Königreich nie. Mit dem Tod von Wilhelm IV. endete die Personalunion von Hannover und Großbritannien.
Angesichts dieser royalen Vorgeschichte müssen die Herrenhäuser etwas Besonderes sein. Doch die Gärten sind auch der perfekte Ausflugsort für alle, die sich nicht für Geschichte interessieren, einfach, weil sie so schön und so vielfältig sind. Viele Schlösser haben einen Garten oder Park, manchmal auch zwei. Die Herrenhäuser Gärten bestehen jedoch aus vier historischen Gärten, sodass man in Hannover eine große Vielfalt an Gartenanlagen bewundern kann.
Der bedeutendste und bekannteste Garten ist der Barockgarten, auch Großer Garten genannt. Er ist geometrisch angelegt und üppig mit antiken, zum Teil vergoldeten Figuren ausgestattet. Die Fontäne war in der Barockzeit die größte Europas, denn Georg I. wetteiferte mit dem französischen König Ludwig XIV. um die größte Fontäne. Hannover übertraf damit Versailles. Bis heute zählt sie zu den größten Fontänen der Welt. Ebenfalls einzigartig ist das barocke Heckentheater aus dem Ende des 17. Jahrhunderts, in dem einst höfische Feste gefeiert wurden. Bis heute ist das Barocktheater erhalten geblieben und wird genutzt.

Was auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich erscheinen mag, ist heute eine der Hauptattraktionen der Herrenhäuser Gärten. Die von der Künstlerin Niki de Saint Phalle gestaltete Grotte ist ein einzigartiger Publikumsmagnet. Und sie ist tatsächlich unglaublich. Die Grotte wurde schon im Barock erbaut und diente damals als kühler Rückzugsort für Flanierende. Anfang des 21. Jahrhunderts wurde die berühmte Künstlerin mit der Neugestaltung beauftragt. Sie schuf eine zauberhafte Farben- und Formenpracht. Die Darstellungen in der Grotte thematisieren das Leben und die Spiritualität. Ein einzigartiges Kunstensemble ist neben den bunten Nanas zu finden.



In der Barockzeit befand sich an dieser Stelle ein Nutzgarten, in dem Obst und Gemüse für die Schlossbewohner angebaut wurden. Doch schon damals kultivierte Kurfürstin Sophie hier exotische Pflanzen, um ihre Neugier auf die fernen Länder zu stillen. So ließ sie unter anderem Reis, Tabak und Maulbeerbäume anbauen. An den Maulbeerbäumen wurden Seidenraupen für den Eigenbedarf gezüchtet. Heute beherbergt der Berggarten einen botanischen Garten mit einer der bedeutendsten Orchideensammlungen Europas. Im Berggarten befindet sich auch das Mausoleum der Adelsfamilie, in dem Kurfürstin Sophie, ihr Sohn Georg I., König von Großbritannien, und viele andere Familienmitglieder bestattet sind.

Der Georgengarten ist ein englischer Landschaftsgarten, der sich durch seine Asymmetrie von der Symmetrie des Barocks unterscheidet. Mit seinen weitläufigen Flächen und der prachtvollen Allee sieht dieser Garten natürlich aus. Er wurde nach Georg IV. benannt und in dessen Epoche angelegt. Er wirkt wie eine Verbindung zwischen der Innenstadt und dem Schloss Herrenhausen. Die 2 Kilometer lange Herrenhäuser Allee diente einst als Verbindung zwischen dem Leineschloss und Schloss Herrenhausen.
Das Leineschloss in Hannover beherbergt heute das Hauptgebäude der Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Universität, denn sie ist seit 1879 Eigentümerin des Schlosses. Der Welfengarten hinter dem Schloss ist für alle zugänglich und dient heute als Park. Von dem ursprünglichen englischen Landschaftsgarten des 18. Jahrhunderts sind nur noch wenige Teile erhalten.

So prachtvoll kann eine Uni sein – Das Leineschloss beherbergt heute die Universität von Hannover.
Wer etwas von der königlichen Vergangenheit von Hannover schnuppern möchte, für den sind die Herrenhäuser Gärten ein Muss. Ebenso sind sie für alle, die sich für Gartenarchitektur und die Gestaltung vergangener Epochen interessieren, ein lohnenswertes Ziel. Und auch, wer sich für moderne Kunst interessiert, sollte die Herrenhäuser Gärten besuchen. Aber auch jeder, der einen schönen Rückzugsort in der quirligen Großstadt sucht, wird in den Herrenhäuser Gärten glücklich. Die Gärten sind wunderschön und mehr als einen Besuch wert.
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Hannover und die Herrenhäuser Gärten habe ich im Rahmen einer Pressereise besucht.
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